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Agnes Blum

Agnes Blum hat seit ihren Anfängen als freischaffende Künstlerin 1980 eine individuelle Mythologie entwickelt, die es ermöglicht, das Innerste nach Außen zu kehren. Die Haut im weitesten Sinne gewinnt in Performances und Installationen Symbolkraft als Organ, das trennende und verbindende Funktionen gleichermaßen vereinigt - Maske oder Spiegel des Inneren. Textilien als künstliche Haut brechen in der künstlerischen Zurschaustellung das gesellschaftsverordnete Schweigen: Anderer Leute schmutzige Wäsche darf höchstens in der Regenbogenpresse durchgehechelt werden - als zweite Haut ist die Wäsche nicht für den ent-deckenden Blick der Öffentlichkeit bestimmt. Doch das Rollenspiel der Masken und Uniformen hat seinen Preis: Was nicht nach außen getragen werden darf, verbleibt als wunder, gärender Punkt im Inneren. Zerschlissene Jeans, abgeliebte Hemden und Wäsche legen ein Stück Lebensgeschichte des Trägers offen. Gefaltet, durchnässt und der Verrottung preisgegeben, zeugen diese Relikte von ganz individuellen Häutungen, von persönlichen Opfern. Das verblichene Weiß abgetragener Wäsche wird zur ästhetischen Skulptur, die auch Blutspuren, Schmutz und Keime integriert.

Die Anverwandlung von Privatem in Öffentliches erarbeitet sich Agnes Blum seit 1988 durch selbstinszenierte Rituale: Archaische Klänge, konzentrierte Tanzbewegungen, Körperbemalung und meditativ ausgeführte Handlungen geben psychischen Prozessen einen körperlichen Ausdruck. Im jüngsten Werk thematisiert Blum Voyeurismus und abergläubische Scheu vor der „Intimwäsche" - unter dem Blick des Betrachters geraten die in Rahmen drapierten Textilien in ein fast unmerkliches Zittern, ausgelöst durch eine verdeckte Vorrichtung. Im Zusammenspiel der Darstellungsmittel nimmt das Hören eine zunehmend wichtigere Rolle ein: Der Klang der psychischen Häutung, das Zerreißen von Masken, wird auf Tonband dokumentiert. Das Schema des Rituals dient als Füllform, die sich flexibel den spezifischen Inhalten der jeweiligen Lebenswelt anschmiegt. Allein oder im Zusammenspiel mit ihrem Publikum macht Agnes Blum so die strukturierende und reinigende Kraft des Ritus für die Postmoderne wirksam.



  • 1942 geboren in Kevelaer am Niederrhein
  • 1980 Beginn der freien künstlerischen Tätigkeit als Künstlerin Autodidaktin
  • 1989 sechswöchiger Arbeitsaufenthalt in Bolivien
  • 1991 Stipendium Civitella d‘Agliano, Italien
  • seit 1974 lebt und arbeitet in Konstanz Conrad-Gröber-Straße 6, D-78464 Konstanz, Tel.: (0 75 31) 6 27 36
    Ausstellungen/ Kunst am Bau
  • 1994 Galerie Grashey, D-Konstanz
  • 1994 Symposium Riga/ Lettland
  • 1995 Sommeratelier mit Ritual in CH-Weinfelden
  • 1997 Galerie Grashey, D-Konstanz
    Literatur
  • Katalog „Sinn und Sinne", Civitella d‘Agliano, 1989
  • Werkdokumentation 1984-1989, 1990
  • Katalog „Transformation", Kunstmuseum Singen, Umspannwerk, 1992